Speakeasy

Prohibition in den USA – Was war das eigentlich?

Die Prohibition in den Vereinigten Staaten war das totale Verbot der Herstellung, des Transports und des Verkaufs von Alkohol von 1920 bis 1933.

Unter dem erheblichen Druck der Abstinenzbewegung (Temperance movement) schlug der US-Senat den 18. Zusatzartikel am 18. Dezember 1917 vor. Nachdem er von 36 Staaten bestätigt wurde, wurde er am 16. Januar 1919 ratifiziert und trat ein Jahr später in Kraft. Einige Staaten hatten bereits zuvor Prohibitionen durchgesetzt.

Abstinenzler
Abstinenzler

Straffällig war dann jeder Amerikaner, der seit dem 16. Januar 1920 Alkohol trank. An diesem Tag trat mit dem 18. Zusatz zur Verfassung ein nationales Alkoholverbot in Kraft. Zwar kannten einzelne Staaten bereits zuvor Prohibitionsgesetze, doch nun wurden die gesamten USA trockengelegt. Amerika sollte moralisch und körperlich gesunden, dies hatten sich die Gegner des “Königs Alkohol” auf die Fahnen geschrieben. Tatsächlich wurde die Prohibition jedoch ein Konjunkturpaket für die Organisierte Kriminalität.

Vernichtung von illegalem Alkohol

Gangster wie Al Capone oder Meyer Lansky bedienten die illegale Nachfrage gerne und verdienten über Nacht riesige Summen. Zugleich ermordeten sie aufgrund ihrer Konkurrenzkämpfe viele Menschen.

Morde in den USA pro 100’000 Einwohner, Quelle: harrybrowne.org

Vor Alkoholindustrie in Kanada boomte wegen der grossen Nachfrage aus dem grossen Nachbarland. Zwischen 1923 und 1929 explodierte der Export, also der Schmuggel, in die USA und schnellte von 110’000 auf 1,4 Millionen Gallonen hoch; das waren mehr als 5 Millionen Liter. Es gab kaum eine Route, auf der kein Alkohol in die USA kam: durch Tunnel, mit Lastwagen, über Flüsse, Seen und das Meer. Bei Nacht und Nebel brachten Boote den Alkohol über die Grenze, wo bereits Laster warteten, die das Schmuggelgut weiter zu den Bars transportierten. Die Gangster hatten ihre «Claims» fein säuberlich untereinander verteilt.

Die Gewinne waren so hoch, dass die Gangsterbosse alles taten, um ihre Schmuggelware heil über die Grenze zu bringen. Die Schmugglerschiffe nutzten sogar komplizierte Verschlüsselungssysteme, damit die Küstenwache nichts über ihre Landungsplätze erfuhr. Es wanderte natürlich auch viel Schmiergeld in die Taschen von Polizisten und Beamten.

Schmuggler
Schmuggler-Fahrzeug

Der sogenannte Moonshine war eine weitere ergiebige Einnahmequelle. So hiess der bei «Mondschein» illegal destillierte Whisky, der besser nur von vertrauenswürdigen Brennern bezogen werden sollte: Oft panschten gewissenlose Schwarzbrenner ihren Schnaps. Die Folgen des Methylalkohols waren Lähmungen, Erblindung, schwere Hirnschäden und oft der Tod. Bis 1927 hatten sich rund 50’000 Amerikaner mit gepanschtem Schnaps zu Tode gesoffen.

Die Amerikaner tranken trotz dieser Gefahren weiter, auch ehrbare Bürger. Als in Washington D.C. einmal ein Alkoholschmuggler verhaftet wurde, las sich sein Kundenverzeichnis wie ein Who’s who der feinen Gesellschaft. Und vor Gericht sagte Al Capone einmal: “Ich verkaufe nur Bier und Whiskey an ehrbare Bürger.” Zum Richter sagte er: “Leute wie Sie sind meine besten Kunden”.

Al Capone
Al Capone

Die ehrbaren Kunden, die ihren Alkohol nicht zu Hause tranken, taten dies in den sogenannten Speakeasys (auch als Flüsterkneipe, Flüsterstube oder Mondscheinkneipe übersetzt). An der Hintertüre klopfte man an, eine Luke öffnete sich, man nannte das Codewort und schon konnte man eintreten. Natürlich musste man leise sein und flüstern, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.

Speakeasy
Speakeasy-Eingang

“Ich liebte Speakeasys. Wenn du die richtigen kanntest, musstest du dir nie Sorgen machen, von schlechtem Whiskey vergiftet zu werden”, schwärmte der Komponist Alec Wilder. Gelegenheit, in einem Speakeasy zu trinken, gab es viele. 16’000 Kneipen existierten vor dem Beginn der Prohibition in New York. 1929 gab es allein in dieser Stadt über 30’000 Speakeasys. Das Verbot des Alkoholkonsums machte die Leute anscheinend durstig.

Speakeasy
Speakeasy

Die nicht einmal 3000 Prohibitionsagenten waren machtlos gegen den allgemeinen Unwillen der Amerikaner, dem Alkohol zu entsagen. Der Job war miserabel bezahlt und zog daher vor allem Kandidaten an, die in allen anderen möglichen Berufen bereits gescheitert waren. Bei einem Eignungstest 1927 fielen von rund 12’000 Teilnehmern fast 60 % durch. Dabei bewegte sich der Test auf Grundschulniveau. Auch nach solchen Auswahlprozeduren war es keineswegs gesichert, eine zuverlässige Mannschaft zu erhalten. Noch 1929 wurde der Fall eines Prohibitionsagenten bekannt, der völliger Analphabet war.

Federal Prohibition Agent Killed
Prohibitionsagenten lebten auch gefährlich

Die Prohibitionsagenten aber machten sich vor allem bei der Bevölkerung unbeliebt. Der Konflikt eskalierte, als 1929 Agenten nachts in ein Haus in Aurora, Illinois, einstiegen, um Beweismittel zu suchen. Der Hausherr wurde niedergeschlagen und seine verängstigte Frau erschossen, als sie per Telefon die Polizei verständigen wollte.

Demonstration gegen die Prohibition

Skandale wie dieser, die Zunahme von Verbrechen und die Einsicht, dass man den Alkoholkonsum nicht bodigen konnte, liess die Front der Prohibitionsbefürworter einbrechen. Vor allem der zukünftige Präsident der USA, Franklin D. Roosevelt von der Demokratischen Partei, lehnte die Prohibition ab und wetterte kräftig dagegen. “Eine generelle Ermutigung zur Gesetzlosigkeit” sei daraus geworden. Auch die Ablehnung der Prohibition verhalf ihm bei der Wahl im November 1932 zu einem triumphalen Einzug ins Weisse Haus.

Aber es gab noch einen anderen Grund, der viele Politiker von der Prohibition Abstand nehmen liess: die USA konnten sich das Alkoholverbot schlicht nicht mehr leisten. Nach dem Schwarzen Donnerstag 1929 war das Land in die Grosse Depression geschlittert. Die Alkoholsteuer war stark geeignet, zumindest einige Löcher im Finanzhaushalt zu stopfen. Der CEO von General Motors, Pierre S. du Pont, stellte im Radio bereits ganz eigene Schätzungen an, wie Amerika ohne die Einführung der Prohibition dastehen würde: “Anstelle einer bankrotten Staatskasse hätten wir heute keine Schulden und einen Überschuss von 5 bis 10 Milliarden Dollar.” Ob die Zahlen realistisch waren, ist nicht sicher, aber klar war: Alkohol sollte den amerikanischen Haushalt sanieren helfen.

So stimmte am 16. Februar 1933 zunächst der Senat, am 20. Februar dann auch das Repräsentantenhaus mit grosser Mehrheit für die Abschaffung der Prohibition, auch wenn einzelne Staaten das Alkoholverbot fortführten. Am 5. Dezember billigte schliesslich auch der Mormonenstaat Utah den 21. Verfassungszusatz.

Als die Prohibition beendet wurde, feierte sogar Präsident Roosevelt mit seinem Lieblingsdrink.

Präsident Franklin D. Roosevelt
Präsident Franklin D. Roosevelt

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